Heinz war bald 16 und fühlte sich sehr cool. In der Klasse und auf dem Fußballplatz hatte er das Sagen.
Mittags konnte er nicht nach Hause, weil der eine Bus zu früh, der andere zu spät abfuhr. So aß er im Selbstbedienungsrestaurant. „Italienische Gemüsesuppe" stand im Menü.
Heinz freute sich, denn sein Teller war diesmal ganz ordentlich voll. Er setzte sich an einen freien Tisch. Da merkte er, dass er den Löffel vergessen hatte. Heinz stand auf und holte sich einen. Als er zu seinem Tisch zurück stapfte, traute er seinen Augen nicht: Ein dunkelhäutiger Junge saß an seinem Platz und aß seelenruhig seine Gemüsesuppe! Heinz stand mit seinem Löffel fassungslos da, bis ihn die Wut packte. Überall nur noch diese Asylbewerber! Der kam bestimmt irgendwo aus Uagadugu und jetzt fiel ihm nichts Besseres ein, als ausgerechnet seine Gemüsesuppe zu verzehren! Schon möglich, dass das den afrikanischen Sitten entsprach, aber
hierzulande war das eine bodenlose Unverschämtheit!
Was glaubst du, wieso hat sich der Junge einfach an den Tisch gesetzt und isst eine fremde Suppe?
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Spaghetti für Zwei
Weil er kein Geld hat und hungrig ist.
Womöglich dachte er, dass die Suppe keiner mehr isst.
Audio Teil 1
Frederica de Cesco , 2010
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Rund 811 Millionen Menschen leiden an Hungersnot.
Stand 2020, Welthungerhilfe
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Heinz öffnete den Mund, um diesem Menschen lautstark seine Meinung zu sagen, als ihm auffiel, dass die Leute ihn schon komisch ansahen. Er wollte nicht als Rassist gelten. Plötzlich fasste er einen Entschluss. Er zog einen Stuhl zurück und setzte sich dem Dunkelhäutigen gegenüber. Dieser hob den Kopf, blickte ihn kurz an und schlürfte dann ungestört die Suppe weiter. Heinz wurde immer wütender. Dann packte er den Löffel, beugte sich über den Tisch und tauchte ihn in die Suppe. Der Junge hob den Kopf. Sekundenlang starrten sie sich an. Heinz führte mit leicht zitternder Hand den Löffel zum Mund und tauchte ihn zum zweiten Mal in die Suppe. Der Junge hielt noch seinen vollen Löffel in der Hand und betrachtete Heinz. Dann senkte er die Augen auf seinen Teller und aß weiter.
Eine Weile verging. Beide teilten sich die Suppe, ohne dass ein Wort fiel.
Audio Teil 2
Was glaubst du, was wird Heinz am Ende sagen?
Na, hat dir die Suppe geschmeckt?
Er wird gar nichts sagen.
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Das wäre auf jeden Fall eine berechtigte Frage!
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Du hast Recht ! Heinz sagt nichts zu dem Jungen.
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Vielleicht hat der Mensch kein Geld, muss schon tagelang hungern und Deutsch kann er anscheinend auch nicht. Ich an seiner Stelle würde mich schämen, dachte Heinz. Das Geräusch des Löffels, den der Afrikaner in den leeren Teller legte, ließ Heinz die Augen heben. Der Junge hatte sich zurückgelehnt und sah ihn an. Heinz konnte seinen Blick nicht deuten und versuchte ihn einzuschätzen.
Junger Kerl. Etwas älter als ich, 16 oder 18. Normal angezogen: Jeans, Pulli, Windjacke. Sieht eigentlich nicht aus wie ein Obdachloser. Immerhin, der hat meine halbe Suppe aufgegessen und sagt nicht einmal danke!
Der Junge stand auf. Haut der jetzt tatsächlich ab? Jetzt reicht es aber! Der soll mir wenigstens die halbe Gemüsesuppe bezahlen! Er wollte gerade aufspringen und etwas sagen. Da sah er, wie sich der Junge mit einem Tablett in der Hand wieder anstellte.
Audio Teil 3
Bist du auch der Meinung, dass sich der Junge schämen sollte?
JA ! Alle die nach Deutschland kommen sollten sofort Deutsch können und ihr Geld mit Arbeit verdienen.
Nein! Der Junge musste vielleicht flüchten und hatte noch nicht die Möglichkeit einen Deutschkurs zu belegen oder so.
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Ob auch der Junge ein solches Schicksal erlebt hat, erfährst du, wenn du auf weiter klickst.
Viele Flüchtlinge müssen ihr Land wegen eines Krieges verlassen. Sie müssen alles, was sie haben und lieben zurücklassen.
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Also doch: Der Junge hat Geld! Oder bildet der sich vielleicht ein, dass ich ihm den zweiten Gang bezahle? Heinz griff hastig nach seiner Schultasche. Bloß weg von hier, bevor er will, dass ich ihm Geld gebe! Irgendwas hielt Heinz jedoch ab zu gehen und er setzte sich wieder.
Jetzt stand dieser unmögliche Typ vor der Kasse und -tatsächlich - er bezahlte. Heinz atmete tief aus.
Verrückt! Total Verrückt!
Da kam der Typ zurück. Er trug das Tablett, auf dem ein großer Teller Spaghetti stand, mit Tomatensoße, vier Fleischbällchen und zwei Gabeln. Immer noch stumm, setzte er sich Heinz gegenüber, schob den Teller in die Mitte des Tisches, nahm eine Gabel und begann zu essen.
Dieser Typ forderte ihn tatsächlich auf, die Spaghetti mit ihm zu teilen!
Was nun? Sollte er essen? Nicht essen?
Wenn der Mensch doch wenigstens reden würde!
Würdest du davon essen?
Ja !
Nein!
Audio Teil 4
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Spaghetti sind halt auch einfach lecker.
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Du magst wohl keine Spaghetti...
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Na gut, er hat die Hälfte meiner Suppe gegessen, jetzt esse ich die Hälfte seiner Spaghetti, dann sind wir quitt! Wütend und beschämt griff Heinz nach der Gabel, rollte die
Spaghetti auf und steckte sie in den Mund. Schweigen. Eigentlich nett von ihm, dass er mir ne Gabel mitgebracht hat, dachte Heinz. Da komm ich noch zu einem guten Spaghettiessen, das ich mir heute nicht geleistet hätte. Aber was soll ich jetzt sagen? Danke? Saublöd!
Die Portion war sehr groß. Bald hatte Heinz keinen Hunger mehr. Dem Jungen ging es ebenso.
Heinz dachte sich: Wenn ich nur wüsste, was er denkt! Verwirrt, schwitzend und nachdenklich ließ er seine Blicke im Raum umherwandern. Auf dem Nebentisch, an den sich bisher
niemand gesetzt hatte, stand - einsam auf einem Tablett - ein Teller kalter Gemüsesuppe.
Oh... Oh....
Was glaubst du, wie sich Heinz nun fühlt und was wird er tun?
Es ist ihm so peinlich, dass er aufspringt und aus dem Restaurant rennt.
Er bleibt sitzen und entschuldigt sich bei dem Jungen.
Audio Teil 5
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Du liegst falsch. Heinz bleibt sitzen.
Um zu erfahren, wie die Geschichte endet, klicke auf weiter.
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Du hast recht. Heinz bleibt sitzen. Aber wird er sich auch entschuldigen?
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Heinz erlebte den peinlichsten Augenblick seines Lebens. Am Liebsten wäre er unsichtbar. Es vergingen zehn volle Sekunden, bis er sich traute, dem Jungen ins Gesicht zu sehen. Der saß da, völlig entspannt und cooler, als Heinz es je sein würde, und wippte leicht mit dem Stuhl hin und her. „Äh ...", stammelte Heinz, feuerrot im Gesicht. „Entschuldige bitte. Ich ..."
Auf einmal fing der Junge laut an zu lachen. Eine Weile saßen sie da, von Lachen geschüttelt. Dann stand der Junge auf, schlug Heinz auf die Schulter. „Ich heiße Marcel", sagte er in bestem Deutsch. „Ich esse jeden Tag hier. Sehe ich dich morgen wieder? Um die gleiche Zeit?" Heinzt antwortete: „In Ordnung! Aber dann bezahle ich die Spaghetti."
Audio Teil 6
ENDE
Wer hätte das gedacht??
Heinz war so sehr mit seinen Vorurteilen beschäftigt, dass er dem Jungen unrecht getan hat.
Hier geht es zur Aufgabe.
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Hier geht es zum Arbeitsauftrag
M-Niveau
Wähle G ODER M Niveau!
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G -Niveau
Am Abend liegen die beiden Jungen im Bett und denken über ihren Tag nach.
Was sie wohl denken und fühlen?
Wähle EINEN der beiden Arbeitsaufträge aus :
Arbeitsauftrag
Was für eine verrückte Situation, in die Heinz geraten ist. Wie er sich wohl fühlt?
- Schreibe die Gedanken, die Heinz haben könnte in die Gedankenblase.
So etwas hat der Junge ja noch nie erlebt. Was er wohl gedacht hat, als Heinz sich einfach hinsetzte und seine Suppe aß?
- Schreibe die Gedanken, die der Junge haben könnte in die Gedankenblase.
ODER
Du bist dir unsicher, was du in die Gedankenblasen schreiben könntest? Dann klicke auf das Fragezeichen.
Mit diesen Adjektiven kannst du Gefühle ausdrücken und sie begründen:
wütend
traurig
enttäuscht
erschrocken
fassungslos
unsicher
unglücklich
verärgert
glücklich
begeistert
froh
erleichtert
mutig
sprachlos
überrascht
Ich bin ... , weil ...
Am Abend liegen die beiden Jungen im Bett und denken über ihren Tag nach.
Was sie wohl denken und fühlen?
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Arbeitsauftrag
Was für eine verrückte Situation, in die Heinz geraten ist. Wie er sich wohl fühlt?
- Verfasse einen Tagebucheintrag aus der Sicht von Heinz über seine Gefühle und Gedanken des Tages.
So etwas hat der Junge ja noch nie erlebt. Was er wohl gedacht hat, als Heinz sich einfach hinsetzte und seine Suppe aß?
- Verfasse einen Tagebucheintrag aus der Sicht des Jungen über seine Gefühle und Gedanken des Tages.
ODER
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Satzanfänge für deinen Tagebucheintrag:
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- Ich fühle mich so ... , weil ...
- Was hätte ich tun sollen? Ich bin ...
- Ich weiß nicht, wie das ...
- Es tut mir so leid, dass ...
- Ich denke, dass ...
- Je länger ich darüber nachdenke, ...
- Es ist kein schönes Gefühl ...